Authentisch sein und leben

von Janine Lesch

Ich habe mir des Öfteren die Frage gestellt, was Authentizität und dies wahrhaft zu leben, eigentlich heißt. Warum Rücksicht nehmen als etwas Gutes dargestellt wird und es dennoch als Boomerang zurückkommt, nämlich in Form von: “hätte ich doch..”, “hätte ich doch auf mein Gefühl gehört..”, “hätte ich es nicht gleich sagen können..” etc.

Die Frage ist: Wie leben wir nicht authentisch, denn diese Frage stellte ich mir unmittelbar danach und hierbei landen wir immer wieder bei den Themen: Umgang mit Emotionen und Gefühlen und vor allem Interpretationen. Wir hören irgendwas, was der Andere sagt, glauben, wir hätten es “richtig” verstanden und dann stellt sich später heraus: “nee, so war das gar nicht gemeint.”

Ein Beispiel:

Du hast ein Treffen mit ein paar Freunden und du merkst: irgendwie ist die Stimmung “anders” oder siehst an der Mimik von ein paar Menschen, dass irgendwas nicht ganz stimmt oder spürst eine gewisse Ablehnung oder Zurückweisung. Du bist selbst relativ normal, berichtest und nimmst auch Raum in dem Gespräch ein und bist zum Ende einfach unsicher, da du die Gesichter immer noch so wahrnimmst als würde etwas nicht stimmen und interpretierst: Dies hat etwas mit mir zu tun.

Du könntest jetzt hingehen und Dir, nach dem Treffen, Gedanken machen: Was habe ich falsch gemacht? Wann war der Auslöser? War ich überhaupt erwünscht? Habe ich zu viel Raum eingenommen?

Was in den Fällen dann häufig passiert ist, dass wir, durch weitere private Gespräche “checken” wollen: Ist alles in Ordnung? Du liest jede neue Nuance raus, um zu gucken: ist alles wie immer oder hat sich was verändert? Du achtest natürlich auf die Zeichen des Gegenübers und sobald eine Antwort kommt, die “unnormal” ist, oder in Richtung Ablehnung tendiert, bist du dir sicher “Aha, das hatte doch was mit mir zu tun.” Du könntest also hingehen und dann sauer reagieren und fragen: “Ja, du warst beim Treffen schon so komisch, was ist eigentlich los” oder du verschwigst es, guckst es wieder an und bekommst, durch den Filter deines Bewusstseins, du hast etwas falsch gemacht, immer wieder Hinweise, dass dies wirklich so stimmt. Irgendwann platzt es aus Dir heraus und der Andere fühlt sich angegriffen, weil er dein Verhalten nicht versteht, denn: für ihn gab es diesen Filter von “Du hast was falsch gemacht” nicht.Du könntest jedoch auch hingehen, so habe ich es das letzte Mal gemacht und noch beim Treffen fragen: “Hey, ich habe das Gefühl, ich habe etwas falsch gemacht, habe ich zu viel Raum eingenommen, ich fühle Ablehnung.” Dies bedeutet: radikalen Mut zu zeigen, auch mit Abweisung oder Kritik leben zu können oder aber: zu erfahren, es ist ganz anders als gedacht.

Nachdem ich diese Variante ausgetestet habe, habe ich neue, interessante Dinge festgestellt. Mein Eindruck hatte nichts damit zu tun, im Gegenteil, das Feedback war “Nein, die Gespräche haben uns geholfen und wir waren selber im Integrationsprozess und haben die Zeit und dein Thema dazu genutzt, bei uns hinzuschauen: Wo ergeht uns dies genauso und waren einfach konzentriert.” Punkt.

Es war mein eigener Vorwurf, nicht Raum einnehmen zu dürfen, nicht mal im Mittelpunkt zu stehen, weil ich hier eine negative Bewertung drauf hatte, denn wie heißt es so schön:” Du musst Rücksicht nehmen auf die Bedürfnisse anderer, als dränge dich nicht auf.”Was passiert dabei eigentlich? Easy: Wir richten unseren Fokus darauf, was wir nicht wollen und denken genau so, wie es eigentlich nicht gewollt oder “gesollt” ist. Und was passiert? Unsere Handlungen gehen einher mit unseren Gedanken und wir tun (und denken unbewusst) das, was wir nicht wollen. Authentisch zu sein, bedeutet: all das, was gerade an Emotionen oder Gefühlen da ist, einfach zu nehmen und zu sagen: JA, es ist in Ordnung, dass du jetzt gerade da bist. Dafür nehme ich mir Zeit oder: das hat gerade nichts mit der Situation zu tun, danke dafür, aber ich richte meinen Fokus wieder auf das Hier und Jetzt und lasse, so wie es gekommen ist, dies auch wieder gehen. Und wenn andere Emotionen auftauchen, dann ist es auch in Ordnung, hierüber zu sprechen und dies zu äußern. Wie oft hatte ich schon das Gefühl: “Jetzt musst du aber mal was sagen, denn: es stimmt dich wütend” und habe es unterlassen, weil so eine Stimme da war, die sagte: Wut ist nicht gut, lass das, sonst provozierst du einen Streit. Dabei entsteht doch Wut eigentlich erst, je länger wir Dinge unausgesprochen lassen und nicht den ersten Impuls nehmen, wenn etwas so läuft, dass es uns vielleicht stört oder dem Anderen mitteilen, dass es gerade nicht passt, vielleicht aber zu einem anderen Zeitpunkt. Z.B. wenn ich Jemand fragt, ob du helfen kannst und du das Gefühl hast: Ich muss eigentlich zuerst meinen Kram machen, bevor ich weiter helfen kann und du, auf Basis eines schlechten Gewissens und dem Denken: Hilf so viel du kannst, dann bist du vllt beliebt oder mehr geschätzt, deine Sachen hinten anschiebst, nur: um es Recht zu machen. Damit machst du es aber vor allem einer Person nicht Recht: und das bist du. Und genau dies ist die Basis für Konflikte oder wütendere Emotionen, da sie sich anhäufen.Alle Emotionen, jedes Gefühl sind erlaubt. Ansonsten wären sie nicht da. Authentisch sein bedeutet: bewusst wahrzunehmen, dass da jetzt etwas in Dir hervorsteigt und du entweder direkt für dich, im Innen entscheidest: ok, es ist da, aber ich lasse es sofort wieder gehen oder aber du (im Außen) kommunizierst und sofort deinen Standpunkt äußerst. Auch beides miteinander zu vereinbaren ist in Ordnung und ergänzt sich harmonisch.Erst, in dem wir eben sagen: dies oder jenes Gefühl darf nicht da sein, DAS ist unauthentisch, denn: es ist eben da. Und wenn es da ist, ist es das Authentischste, es genau so zu nehmen, wie es ist und es auch auszusprechen.Wie könntest du also vorgehen:

  1. Du erlaubst Dir, dass dieses Gefühl da ist.
  2. Du entscheidest: möchtest du diesem jetzt Raum geben oder einfach sagen: Danke, aber nein Danke und es gehen lassen.
  3. Du kommunizierst klar raus, was dich gerade tangiert und in Dir ist, sodass der Andere überhaupt erst verstehen kann, was los ist und du entscheidest, wie viel Raum du hierzu geben möchtest, ob du alles erzählst oder das, was für die Konstellation des Treffens und der Beziehung wichtig ist, denn hier gibt es Unterschiede.
  4. Du schaust dir an, welche Bewertung oder Interpretation du auf bestimmte Themen hast, z.B. sich nicht erlauben im Mittelpunkt zu stehen oder Aufmerksamkeit zu bekommen und entscheidest: dient mir diese Bewertung oder Intepretation und: was sagt eigentlich mein Gefühl hierzu? Fühlt sich dies stimmig an oder nicht?
  5. Du erlaubst dir ab Sofort alles auszusprechen, was du denkst und fühlst und kannst somit überprüfen, ob das, was bei dir innerlich abgeht, überhaupt für die Mitmenschen ebenfalls so stimmt und überprüfst ganz kritisch: Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung.
  6. Du kannst mithilfe dieser beiden Gegenüberstellungen sodann erkennen, ob dein Denken auch mit der Realität übereinstimmt oder voneinander abweicht und auf Basis dessen, neue Glaubensmuster annehmen, die dir dienlich sind, z.B.: es ist in Ordnung, dass ich Aufmerksamkeit bekomme und auch mal im Mittelpunkt stehe, denn: Jeder hat ja auch die Wahl, zu sagen: Das ist jetzt zu viel oder es nervt. Dafür kann jeder Selbst einstehen, das liegt in der Verantwortung von Jedem Selber. Dafür trägst du keine Schuld.

Wie oft hörten wir, als Kinder, dass es nicht in Ordnung ist “so oder so” zu sein, dass gewisse Gefühle oder Emotionen nicht erlaubt sind, obwohl sie ja schon da sind. Wenn du wütend bist und glaubst, du darfst es nicht sein, bleibt die Wut ja dennoch da. Nur, weil wir sie nicht sehen wollen, ist sie dennoch da und will nur eins: angenommen und gefühlt werden. Mehr nicht. Vielleicht ist sie ja genau deswegen da: weil du endlich lernen sollst, dass sie Teil von Dir ist und sie zu Dir gehört und dies ist in Ordnung. Warst du schonmal richtig wütend über eine Situation? Z.B. dass du immer noch auf der Arbeitsstelle bist, wo du bist? Dass du endlich umziehen willst, aber dennoch irgendwie nicht vorankommst? Dass du viele Dinge ändern möchtest, und es dennoch nicht hinbekommst? Dass du abnehmen willst und du dennoch weiterhin Scheiße in dich hineinfrisst?

Und du wirst sicher irgendwann merken: Diese Wut war Potential, etwas zu verändern. Sodann wird aus Wut, Mut.. die Frage ist immer: Wie lange wollen wir dieser Wut Raum geben, denn: sie kann, wenn wir sie gegen uns selbst anwenden, sehr destruktiv und zerstörerisch sein. Sinnvoll ist es immer, dem ersten Impuls zu folgen, wären da nicht Ängste wie: “Vllt schaff ichs nicht.”, “das ist so viel Arbeit, wie soll ich das allein schaffen?”, “Das beduetet so viel Disziplin, die habe ich nicht.” Alles Filter und Gedankengeister, die uns von dem eigentlichen Vorhaben abtrennen. Das kann schon ziemlich wütend machen. Stattdessen sind wir dann auf Andere wütend, wenn sie den Finger in diese Wunde legen und projizieren die Wut in sie, verletzen sie vllt auch oder sind ungerecht, wenngleich: sie uns nur den Spiegel vorhalten, denn das, was sie sagen, läuft, häufig unbewusst, in uns Selbst ab. Sie hatten vielleicht nur den Mut es auszusprechen oder die Authentizität, es Dir genauso zu sagen.

Authentizität kann bedeuten, sich “Feinde” zu machen, denn nicht jeder kann mit diesen Dingen umgehen, weil wir oft lernen, Fehler machen ist nicht gut. Jedoch was wir nicht lernen ist, den Fehler als Element zu betrachten, um neue Lernerfahrungen und “das FEHL-ende” zu ergänzen, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Ja, manchmal kann dies für zwei Seiten schmerzhaft sein, aber: authentisch sein bedeutet auch, das auszusprechen, was ist und das: ist das Ehrlichste, was jeder Mensch sich selbst und dem Anderen schenken kann.Indem Moment, wo du dein Leben und deinen Gefühlen wieder Raum gibst, genauso sein zu dürfen, wie sie sind und dein Leben so zu gestalten, dass du es liebst, indem Moment wirst du das Rücksicht nicht mehr gebrauchen, denn genauso, wie du Dir jeden Raum und jedes Glücksgefühl schenkst, so schenkst du es auch jedem in deinem Umfeld, denn: du erkennst, dass es in Ordnung ist, so zu leben, wie es das eigene Gefühl sagt.

Daher: Du wirst nie bei einem Anderen eine super Antwort finden, maximal einen Hinweis, aber dein eigenes Gefühl lenkt dich und gibt dir an, was du in diesem Moment brauchst oder eben nicht brauchst. Und hierzu gibt es keine Anleitung, denn: dies ist der “do-it-yourself-job” beim Aufwachprozess des Bewusstseins.

Wenn du auch auf deinem Weg Dich weiterentwickeln möchtest, vllt auch blinde Flecken noch nicht erkennst oder sich deine Situation als beengend oder unstimmig anfühlt, sei es durch Arbeit, Menschen, Situationen oder eigenes negatives Denken, so bist du herzlich eingeladen, mich zu kontaktieren. Neben einem persönlichen Live-Coaching biete ich seit Neuestem auch Whatsapp oder Telegram-Coachings zwischen einer halben bis ganzen Stunde an, wo du einfach drauflosschreiben kannst und eine Antwort erhälst, die dir für den Moment weiterhelfen kann. Schreib mir gern eine Email unter: lesch-coaching@gmx.de oder besuche meine Seite www.janinelesch.com und schreibe mir eine Nachricht mit dem, was dich beschäftigt und wähle, wie du Hilfe empfangen möchtest. Du hast immer und jederzei die Wahl.

Viel Forschungsgeist beim Aufwachen.

von Herzen

Janine

Bildquelle


Janine Lesch

@janine


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